Der Jahreszeitentisch
Sich und vor allem den Kindern einen Jahreszeitentisch zu gestalten kann für alle Familienmitglieder über viele Jahre ein Geschenk sein. Er dient der Alltagsmeditation und schafft eine farbenfrohe Ruheinsel, fördert Beobachtungsfähigkeit und Kreativität. Auf diesem Tisch spiegeln sich Jahreszeiten, Veränderungen im äußeren Raum und Jahres- bzw. Familienfeste. Auch orientiert sich die Gestaltung immer am Alter der Kinder und den sich wandelnden Bedürfnissen. Einfaches wird komplexer, die Figuren wandeln sich und natürlich nimmt der Grad zu, in dem die Kinder mitgestalten wollen. Es braucht weder viel Platz noch unendlich viel Material, um diesen optischen Ruhepunkt in unseren Alltag zu bringen. Ein lebendiges Bild soll er sein, zum Erzählen einladen und sich einfügen in die Rhythmen der Natur. Nicht mehr aber auch nicht weniger! Gib den Kindern Wurzeln und Flügel – damit sie aus der Welt die Kraft schöpfen die ihrer Fantasie braucht.
Der Jahreszeitentisch im Frühjahr
Das Frühjahr kündigt sich an, wenn Mutter Erde ihre Wurzelkinder auf die große Reise vorbereitet. Die Figur der Mutter Erde stammt aus dem Bilderbuch “Etwas von den Wurzelkindern” von Sibylle von Olfers. Sie beschreibt in diesem Buch das Erwachen der Natur und wandert dann mit “ihren” Blumenkindern durch das ganze Jahr. Schon beim ersten Lesen hab ich gespürt, dass mit Hilfe dieser Anregungen der Jahreskreis besonders liebevoll vermittelt wird. Meine “Mutter Erde” bekommt zu Beginn des Frühjahrs immer einen Umhang oder ein warmes Tuch, das sie dann mit zunehmenden Sonnenstunden gut ablegen kann. So bleibt sie lange präsent und prägt, von den Wurzelkindern über die Osterglocken bis zu den Sommerrosen, die Idee von großen Kraft in der Natur.
In die Frühjahrsmonate gehört auch das Osterfest und hierbei sollen Frühlingsblüten, kleine Hasenkinder und Ostereier viel Farbe auf den Tisch bringen. Ich kann nur dazu ermutigen, regionale und familiäre Ausdrucksformen auf dem Ostertisch lebendig werden zu lassen.
Der Jahreszeitentisch im Sommer
Der Sommer kann mit viel Grün, Wasser und Abenteuern aufwarten. Im Sommer gehören Sonnenlicht, Meeresrauschen, Bienensummen, Rosenduft, Bergwanderungen oder andere Ferienvergnügungen auf den Jahreszeitentisch. In dieser Zeit sind die Kinder sehr viel draußen unterwegs und sammeln unendlich viele Eindrücke. Je nach Umgebung, Landschaft und eigenem Erleben lassen sich so viele Bilder aufgreifen für diese Jahreszeit. Selbst wenn wir mit den Kindern verreisen lässt sich am Ferienort ein kleiner Ableger des Jahreszeitentischs “eröffnen”, der all die Muscheln, Sammlerstücke, bestimmt auch ein selbstgemaltes Bild bewahrt und dann zu Hause die Erinnerungen an die schönen Tage noch lange wach hält. Zum Ende der Sommertage beginnen Schule und Kindergarten neu oder wieder. Der Austausch mit den Gleichaltrigen dominiert die Gedanken und prägt die Alltagserlebnisse. Da kommen die Erntetage gerade recht.
Der Jahreszeitentisch im Herbst
Der Herbst bringt zu Beginn Fülle, warme Farben, Sammeln und Ernten. Im Herbst legen wir Vorräte an, kochen ein, trocknen Kräuter, lagern Äpfel, Nüsse oder Kartoffeln ein. Auch wenn dies alles heute nicht mehr die zentrale Quelle der Versorgung darstellt, hilft es den Kindern die Prozesse nachzuvollziehen, die uns “über den Winter bringen”. Das Abbild des Erntedanks, die Vorsorge und dem respektvollen Umgang mit unseren Lebensmitteln auf dem Jahreszeitentisch wird dann noch durch das gemeinsame Herstellen einer leckeren Marmelade betont und prägt sich ein. Später dann dürfen die Zwerge, die sich langsam unter die Erde zurück ziehen, auf dem Jahreszeitentisch ein paar Wochen das Bild beherrschen. Sie werkeln, suchen sich einen Platz für die Winterruhe und schaffen dadurch innerlich Raum für den Advent und die Weihnachtszeit.
Der Jahreszeitentisch im Advent
Die Advents- und Weihnachtszeit hat in jeder Familie ihr eigenes Gesicht. Und dennoch lässt sich Verbindendes finden. Der Jahreszeitentisch kann in dieser Zeit, Tag für Tag mit einem weiteren Element bestückt und so zum Adventskalender werden. Mit dem leeren Tisch, einem nachtblauen Tuch als Himmel und einem leeren Krippenstall beginnt der Dezember. Jeden Tag ein Stern auf das Himmelstuch und in der ersten Woche finden Steine und Wurzeln den Weeg auf den Tisch. Dann folgen Pflanzen, Tiere und in der Weihnachtswoche finden sich die Menschen ein. Bei uns daheim wandern Maria und Josef in der Adventszeit durch den ganzen Raum bis sie die Krippe erreicht haben. Bis in den Januar bleibt die Krippe stehen – je nach Brauchtum bis zum 6. Januar oder bis Maria Lichtmess.
Zwischendurch können der Sankt Nikolaus, Lucia und später auch Silvester zu Gast sein.
Der Jahreszeitentisch im Winter
Der Winter ist eine Zeit der Ruhe, der Kälte, es regiert der König Winter mit Eis, Schnee, grauem Himmel aber auch mit wunderbaren eisblauen Sonnentagen. Ab und zu schaut das Mütterchen Tau vorbei, sie versucht dem Winterkönig ein wenig Boden abzuringen. Die winterliche Landschaft strahlt eine große Ruhe aus denn die Natur ruht sich aus. Schnee ist nicht immer zu sehen, dann dominieren verwaschene Grautöne, Zartblau, Brauntöne – und ab und zu dann doch wieder Schneeweiß – nur die bunten Mützen der Kinder bringen Farbe ins Bild. Schneemänner, Eisbären, Pinguine, Eiszwerge, Schneehasen… Eine Schlittenfahrt oder eine Winterwanderung locken aus dem Haus.